Die Wiederaufforstung Madagaskars

Die Wiederaufforstung Madagaskars
Josephine Härtel

29.09.2022

Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Welt und birgt auch in anderen Hinsichten Superlative. So weist die süd-östlich vor Afrika im Indischen Ozean gelegene Insel ein stattliches Alter von 150 – 165 Millionen Jahren auf.

Zu dieser Zeit löste sich die Landmasse, die heute Madagascar darstellt, von der afrikanischen Landmasse ab. Wie auch Australien gehörte Madagascar einst zum alten Kontinent Gondwana.

Durch die Isolation haben sich auf Madagaskar Tier- und Pflanzenarten entwickelt, die nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen. Das betrifft 98 Prozent der Säugetiere, 91 Prozent der Reptilien und 80 Prozent der Pflanzen Madagaskars.

Auch die Landschaft Madagaskars ist sehr vielfältig. Madagaskar beherbergt die verschiedensten Ökosysteme, wie Regenwälder, Steppen, Hochebenen und Trockensavannen. 

Diese Ökosysteme bilden ein komplexes Geflecht, in dem Pflanzen, Tiere und andere Organismen sowie das Wetter und die Landschaft zusammenwirken und eine Lebensgemeinschaft bilden. Jedes Teil dieses komplexen Geflechtes hängt mit den anderen Teilen derart zusammen, dass die Veränderung oder der Verlust eines Teils zu einem Rückgang der anderen Teile führt.

Verlust der Bäume, Verlust der Artenvielfalt

Die Artenvielfalt Madagaskars ist in akuter Gefahr. Die Mischung aus Kolonialisierung, globaler Marktwirtschaft und starkem Bevölkerungswachstum hat die einheimischen Wälder in den letzten Jahrzehnten stark belastet. Die anhaltende industrielle Ausbeutung hat inzwischen 90% der Wälder ausgelöscht, die die Insel einst nahezu komplett bedeckten.

Hierdurch wurden bereits viele Tierarten verdrängt, Pflanzenarten ausgelöscht, das Land und die Küsten ungeschützt vor Stürmen gelassen und die Bodenerosion im Inland begünstigt. Nicht zuletzt wurde den Menschen vor Ort die Möglichkeit genommen, von der Natur zu leben. 

Wie kam es zur Abholzung Madagaskars?

Mit dem Einsetzen der Kolonialisierung, durch den Druck, den die globale Marktwirtschaft auf das ökonomisch noch nicht so weit entwickelte Madagaskar ausübt und das starke Bevölkerungswachstum im Land selbst, wurden die einheimischen Wälder Madagaskars stark reduziert.

Die Abholzung der Wälder begann mit der Kolonialisierung durch die Franzosen im späten 19. Jahrhundert. Dabei musste die heimische und ursprüngliche Vegetation vielerorts weichen, um mehr Anbaufläche für u.A. Baumwolle, Tabak, Kokos und Kaffee zu schaffen, die für den Export bestimmt waren. Die Schaffung zahlreicher Flugplätze, Eisenbahnlinien und Straßen trug zur weiteren Abholzung der Wälder bei.

Da immer mehr der ertragreichsten Anbauflächen der Insel für den Export genutzt wurden, mussten die Inselbewohner mehr Wald an anderer Stelle für ihren eigenen landwirtschaftlichen Bedarf, für ihre Ernährung abholzen. 

Mit einer Bevölkerung von knapp 29 Millionen Menschen, die weiter wächst, steht Madagaskar unter enormem Druck, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen und gleichzeitig die noch intakten Ökosysteme zu erhalten.

Die Wiederaufforstung Madagaskars

Unsere Partner von Eden Reforestation Projects setzen mit der Unterstützung der einheimischen Bevölkerung dem Kreislauf von Abholzung, Artenverlust und Landzerstörung ein Ende.  Mit ihrer jahrelangen Erfahrung und dem Wissen der einheimischen Bevölkerung forsten sie zunächst den Nordwesten der Insel rund um die Stadt Mahajanga auf. 

Hier hat die Zerstörung der Mangrovenmündungen entlang der Küste dazu geführt, dass Schlamm ins Meer gespült wird, was die einstmals produktive Fischerei zerstört und die Anfälligkeit der Küstengemeinden für Wirbelstürme, Tsunamis und Überschwemmungen erhöht hat. In den im Landesinneren angrenzenden trockenen Laubwäldern bedroht die Abholzung eines der seltensten und vielfältigsten Waldsysteme der Welt.

Unabhängig vom konkreten Anbaugebiet und der jeweiligen Methode hängt der Erfolg der Wiederaufforstung besagter Gebiete ganz wesentlich von der Unterstützung durch die lokale Bevölkerung ab.

Die lokale Bevölkerung forstet die Wälder Madagaskars wieder auf

Unsere Partner arbeiten mit der lokalen Bevölkerung in den Pflanzgebieten vor Ort zusammen. Diese Zusammenarbeit baut auf der Erfahrung der lokalen Bevölkerung auf und schafft gleichzeitig einen nachhaltigen Wirtschaftszweig, in dem sie Arbeit und eine nachhaltige Beschäftigungsalternative zur exzessiven Landwirtschaft finden.

Frau beim pflücken von Diasporen

Madagaskar hat eine der höchsten Armutsraten der Welt. Die Beschäftigung der Menschen vor Ort in fair bezahlten Jobs verbessert ihre Lebensbedingungen und ihre Zukunftsaussichten. Die fairen Löhne ermöglichen es den Menschen, medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen, ihre Kinder zur Schule zu schicken und ihren täglichen Unterhalt zu sichern.

Durch die aktive Teilnahme und Umsetzung der Wiederaufforstung und die Übernahme der Verantwortung für die jungen Bäume erleben die Menschen, welche Bedeutung die Bäume für sie selbst und auch für das Ökosystem haben. 

Alle Arbeiten zur Wiederaufforstung, vom Sammeln des Saatguts, der Aufzucht der Setzlinge in den örtlichen Baumschulen, bis hin zur Pflanzung und Pflege der jungen Bäume sowie deren späteren Schutz, werden alle Arbeiten von Madagassen übernommen. 

Mit diesem Ansatz wird der beeindruckenden Artenvielfalt Madagaskars ein Zuhause geboten und den Madagassen ein sicheres Einkommen. Der Schutz der noch bestehenden Wälder und die Wiederaufforstung verlorengegangener Wälder wird so lukrativer als die vormalige Abholzung. Darum besteht das langfristige Ziel des Projekts darin, ressourcenreiche Wälder aufzuforsten, die den Menschen eine Lebensgrundlage und der beeindruckenden Artenvielfalt Madagaskars ein Zuhause bieten.

Warum braucht es eine großangelegte Wiederaufforstung in Madagaskar?

Ohne den Schatten der Bäume sind die Böden Madagaskars der sengenden Sonneneinstrahlung schutzlos ausgeliefert. Sie dürren aus, verlieren alle Reserven an Wasser und Mineralien und können ungehindert vom Starkregen der Regenzeit abgetragen werden. Ohne das Eingreifen und Aufforsten der verloren gegangenen Waldflächen, würden die Flächen weitaus länger brauchen, um sich zu regenerieren und in der Zwischenzeit würden diese noch weiter Schaden nehmen.   

Ohne die schützende Funktion der Mangroven “waschen” die Küstenlinien aus, da die Wurzeln, die vormals das Erdreich zusammenhielten, nicht mehr vorhanden sind. Land geht verloren und das angeschlagene Ökosystem der Küstenlinien hätte keine Chance sich zu regenerieren.

Darum haben es sich unsere Partner vor Ort zur Aufgabe gemacht, die Böden der Insel zu retten und mit ihnen den Artenreichtum von Pflanzen und Tieren. Mit den Bäumen entstehen intakte, orts-angepasste Wälder, die den Menschen, Pflanzen und Tieren einen natürlichen Schutz vor verschiedenen Wetterlagen bieten und sie nähren und eine Heimat geben.  

Ein Wiederaufforstungsprojekt in Madagaskar widmet sich der Aufforstung von Mangrovenwäldern an der nordwestlichen Küste Madagaskars, das andere konzentriert sich auf das von zwei Gewässern umgebene trockene Binnenland, wo tropisch trockene Laubwälder wieder aufgeforstet werden.

Ihr pflanzt mit jeder Bewertung einen Baum in einem der beiden Projekte und unterstützt so die Wiederbewaldung Madagaskars und den Erhalt der vielen seltenen einheimischen Arten.

Die Rettung der Mangrovenwälder

Das Pflanzen von Mangroven ist vergleichsweise unkompliziert. Das Besondere an der Fortpflanzung des Mangrovenbaumes ist, dass er seine Samen (sogenannte “Diasporen”) einfach als schwimmfähige Sporen in die Erde fallen lässt.

Um die weitere Rückbildung der Küstenlinien zu stoppen, werden die Samen bestehender Mangrovenbäume eingesammelt und die keilförmigen Samenkapseln an anderer Stelle in den Küstenboden eingelassen. 

Auf diese Weise werden die Küstenlinien schneller wieder bewaldet und können die weitere “Auswaschung” der Küsten verhindern.

Die Pflanzung von Mangroven

„Diasporen“ sind längliche, pfeilförmige Samen verschiedener Mangrovenarten, die typischerweise in Mündungsgebieten von Küsten wachsen.

Die Diasporen beginnen mit dem Keimungsprozess, während sie noch mit dem Mutterbaum verbunden sind. In der Natur versorgt der Mutterbaum den Keimling mit Nährstoffen und Wasser, bis er reif genug ist, um sich vom Ast zu lösen. In einem gesunden Mangrovenwaldsystem überlebt jedoch nur ein kleiner Prozentsatz der Keimlinge, da Überfüllung und übermäßige Beschattung das Wachstum bis zur Reife behindern.

Um abgeholzte Magrovengebiete schnell und effizient wiederherzustellen, stellt Eden Reforestation Projects Teams mit der lokalen Bevölkerung zusammen. Diese Teams sammeln die reifen Keimlinge und sortieren diese zunächst entsprechend ihrer Mangrovenart.  Die Diasporens werden dann in Küstengebiete gebracht, die in der Vergangenheit durch Abholzung stark beschädigt oder gar vernichtet wurden. An diesen Orten werden nun die verschiedenen Mangrovenarten innerhalb bestimmter Gezeitenzonen gepflanzt, um den gesunden, vielfältigen Mangovenwald wieder herzustellen. 

Die Diasporen werden direkt in den Schlamm gepflanzt, ohne dass eine Aufzuchtphase erforderlich ist. Die neu gepflanzten Mangrovenbäume beginnen sich innerhalb von vier bis fünf Jahren selbst zu vermehren. 

Das Sammeln, Sortieren und Wiederanpflanzen von Mangroven kann das ganze Jahr über vonstattengehen, da viele Mangrovenarten sowohl in der Regen- als auch in der Trockenzeit Diasporen produzieren.

Wiederaufforstung der Mangrovenwälder

Die Rettung der tropischen Trockenlaubwälder

Im Gegensatz zur Mangrovenaufforstung gestaltet sich die  Aufforstung der tropischen Trockenlaubwälder im Binnenland aufwändiger. Die Böden sind hier so trocken, dass die jungen Bäume beim direkten Einpflanzen nicht überleben würden. Für die Wiederaufforstung der tropisch trockenen Laubwälder im Binnenland müssen zunächst junge Bäume herangezogen werden. Erst mit einem Alter von mindestens 3 Monaten können die jungen Bäume gepflanzt werden.

Die Pflanzung von tropischen Trockenlaubbäumen

Im Gegensatz zur Mangrovenaufforstung gestaltet sich die  Aufforstung der tropisch trockenen Laubwälder im Binnenland aufwändiger. Die Böden sind hier so trocken, dass die jungen Bäume beim direkten Einpflanzen nicht überleben würden. Tropisch trockene Laubwälder zeichnen sich zwar durch ihre Angepasstheit aus, eine fünf bis sechs -monatige Trockenperiode auszuhalten, sind aber im jungen Alter darauf angewiesen, zunächst genügend Mineralien und Feuchtigkeit zu speichern, um dies überleben zu können. 

Die wichtigste Anpassung der Pflanzen an die lange Trockenzeit ist die Laubabwerfung. Die meisten Bäume des tropischen Trockenwaldes lassen nach dem Ende der Regenzeit ihre Blätter fallen und stellen die Photosynthese ein, da sie sonst den Wasserverlust während der Trockenzeit nicht überleben könnten.  

Für die Wiederaufforstung der tropischen Trockenenlaubwälder im Binnenland müssen also zunächst junge Bäume herangezogen werden. Es werden Samen von noch bestehenden Baumarten gesammelt und in Baumschulen mindestens drei Monate lang zu kleinen Baumsetzlingen herangezogen. 

Die Baumschulen von Eden dienen in erster Linie dazu, langsamer wachsende einheimische Baumarten zu produzieren, um die Artenvielfalt am Pflanzstandorten zu gewährleisten.

Mit dem Einsetzen der Regenzeit (in der Regel zwischen Januar und Februar) werden die jungen Bäume von verschiedenen Teams im Binnenland Madagaskars gepflanzt. Zu diesem Zeitpunkt sind die jungen Bäume weit genug entwickelt, um das Wasser der ersten Niederschläge zu speichern und die bevorstehende Trockenzeit zu überstehen.

Die Wiederaufforstung der tropischen Trockenlaubwälder

Die Menschen auf Madagaskar arbeiten hart daran, ihre Insel wieder aufzuforsten. Die Insel ist immer noch von Armut geplagt, aber es scheint sehr wahrscheinlich, dass die Insel in 10 Jahren erneut Lebensraum für viele Arten bietet und sich die Ökosysteme regeneriert haben werden. Bis dahin könnte die Abholzung der Regenwälder dank der Bemühungen der Menschen, die sich für die Wiederaufforstung einsetzen, hoffentlich vollständig gestoppt werden.

Ihr könnt die Menschen vor Ort unterstützen, indem ihr für eure Bewertungen Bäume vor Ort – in Madagaskar – pflanzt!